Autographen und Buecher

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Barbara van Benthem

Message in a bottle

"Nächsten Sonntag nachmittag um halb 21 Uhr findet im Starnberger See ein Karpfenrennen statt, mit darauf folgendem Brillantfeuerwerk. Zwölf zehnpfündige dressierte Karpfen schwimmen mit Motorboot und Musikbegleitung von Starnberg nach Seeshaupt; während des Rennens ist der See für Fußgänger und Radfahrer gesperrt."

Karl Valentin

Die Oberbayern sind eine Seefahrernation. Der Churfürstliche Leibschiffmeister der Starnberger Flotte Heinrich Zimmermann reiste als Matrose auf James Cooks „Discovery“ um die Welt. Sein bayrischer Kurfürst stach auf der 18.269 Gulden teuren, 500 Personen fassenden, von 110 Ruderern bewegten und 34 Musik- und Küchenschiffen eskortierten „Bucentaur“ in die Starnberger See. Thomas Mann wagte die Alleinbefahrung vor der Feldafinger Küste ohne Rock, Weste und Hosenträger, eine für ihn „an Wollust“ grenzende Erfahrung. Täglich um 15.26 Uhr tauchen die Tutzinger auf der „Südlichen Rundfahrt“ der Bayerischen Seenschifffahrt Richtung Voralpenkette in die unendlichen Weiten zwischen Ammerland und Seeshaupt hinab.

Und vor einigen Tagen wurde bei uns eine Flaschenpost an Land gespült.

Wir kamen gerade vom Schwimmen, als ein Kunde nicht nur eine Flasche Wein, sondern auch ein Papier brachte, mit dem weder er noch wir auf den ersten Blick etwas anfangen konnten. Einige Recherchen später war klar: Am 30. Oktober 1839 hatten sich 35 Schotten im kargen Zwischendeck der „Bengal Merchant“ ebenfalls auf eine Rundfahrt gen Süden begeben. Organisiert wurde diese von der New Zealand Company, deren Aufgabe es war, mit fünf Schiffen Siedler von Schottland nach Neuseeland zu bringen, das mit dem Vertrag von Waitangi am 6. Februar 1840 Britische Kolonie wurde. Als die „Bengal Merchant“ am 20. Februar 1840 in Port Nicholson anlegte, war der später Wellington Harbour genannte Ort noch ein verschlafenes Nest mit einer winzigen Spelunke, in der die schottischen Siedler die ersten Nächte in der neuen Heimat verbrachten. Dort schrieben sie wohl auch hungrig, müde, zerschlagen und vor allem zornig wegen der miserablen Verpflegung an Bord, für die sie schließlich viel Geld bezahlt hatten, einen Beschwerdebrief an “Samuel Ravens Esq. Secretary to the New Zealand Land Comp.”

„A meatless diet“ … kaum Fleisch, Reis oder Brot, die Kekse ungenießbar, der Kaffee unauffindbar, die „pickles“ verdorben. Den Passagieren in den Kabinen schien es besser ergangen zu sein als denen, die „steerage“, im Zwischendeck, gereist waren. Von den 30 Ehepaaren, 23 Männern, 6 Frauen, 20 Kindern und 13 Babys (eines war auf der Seereise geboren worden), unterschrieben 6 „steerage passengers“ den Beschwerdebrief, weitere 29 Unterzeichner – Farmer, Gärtner, Schneider, Kerzenmacher, Tischler, Bäcker, Maler, Kaufleute – wurden namentlich genannt.

Noch heute können manche Neuseeländer die Herkunft ihrer Vorfahren bis zu den Passagierlisten der „Bengal Merchant“ zurückverfolgen. Einige von ihnen werden vor gut 175 Jahren diesen Brief unterschrieben haben, der eines Tages wie eine Flaschenpost per Zufall in unserem Antiquariat in Tutzing anlandete.

Die Welt ist klein für Autographenhändler. Vor allem, wenn der Starnberger See ausnahmsweise nicht wegen Karpfenrennens für Fußgänger und Radfahrer gesperrt ist.





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