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Barbara van Benthem

Die Kulturgutschutzgesetzverordnungspauschale oder: Die Kunst des Kompositums

Donnerstag ist ein besonderer Tag. Donnerstag ist Buchhaltungstag. Donnerstag kommt Irmi und bringt die Buchhaltungsordner in Ordnung. Nur so zeigt sich der Steuerberater bereit, die Umsatzzahlen an das Finanzamt weiterzureichen, was zumeist zu einer Steuernachzahlung führt, die einen erneuten Buchungsbeleg generiert, den Irmi an einem der nächsten Donnerstage mit allen anderen Belegen aufs Neue abheftet.

Was interessiert das Finanzamt Starnberg III schon die Schönheit der Briefe und Manuskripte von Thomas Mann oder Marcel Proust, wo doch ein Bewirtungsbeleg aus der Tutzinger Filmtaverne auch ein durchaus anständiges, eigenhändig signiertes Schriftstück mit gedrucktem Briefkopf und Steuernummer (!) darstellt? Noch dazu vorsteuerabzugsfähig. In Deutschland muss alles seine Ordnung haben, weshalb sich Antiquare mindestens einmal pro Woche mit Umsatzsteuervorauszahlungen, Gewerbesteuerpauschalen, Differenzbesteuerungen, Sozialversicherungsabgaben und neuerdings eben auch mit Kulturgutschutzgesetzverordnungen herumschlagen müssen.

Für diese vorwiegend fiskalen Kalamitäten gibt es etwas, worum uns die englischsprachige Welt glühend beneidet: das deutsche Kompositum. Von den Sprachgesellschaftern um Justus Georg Schottelius und Kaspar Stieler im 17. Jahrhundert zur Mehrung der „Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs“ erfunden, hat die bundesdeutsche Regulierungswut des 21. Jahrhunderts das Kompositum zur Perfektion pervertiert. Nur die deutsche Sprache besitzt Wortungetüme wie Reisekostenabrechnungspauschale oder die sogenannte „innergemeinschaftliche mehrwertsteuerfreie Lieferung“ samt „Umsatzsteueridentifikationsnummer“, wofür das Englische gerade einmal drei Buchstaben übrig hat: VAT. 

Bald ist wieder Donnerstag. Manchmal wünschte ich, die Welt wäre im Land der Kulturgutschutzgesetzverordnungspauschale (die sicher noch kommen wird) so einfach wie im Antiquariat von Bernard Black im fernen, fiktiven London, von der "Gaststättenrichtlinienverordnung" einmal abgesehen.





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